Analyse: GRI, SDGs und TCFD. Zur Ausgangslage im nicht-finanziellen Reporting der DAX30-Unternehmen

Ob #FridaysForFuture oder EU Green Deal – bezogen auf Nachhaltigkeitsthemen haben die vergangenen Jahre einiges an gesellschaftlicher Dynamik erzeugt. Diese sollte sich auch in der nicht-finanziellen Berichterstattung widerspiegeln. Zu Beginn des Jahres 2021 erreichte viele Vorstände börsennotierter Unternehmen dann ein Brief von Larry Fink, CEO des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock. Er fordert die Geschäftsführungen aus der ganzen Welt auf, Geschäftsmodelle verstärkt auf Nachhaltigkeit auszurichten und auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu vertiefen. Dies betrifft nach seiner Investoren-Sicht zum Beispiel Dekarbonisierung und Klimaneutralität, aber auch Diversität und Inklusion.

Um bei den DAX30-Unternehmen die aktuelle Berichtssaison 2020 hinsichtlich möglicher Entwicklungen richtig einordnen und bewerten zu können, haben wir uns deren nicht-finanzielle Berichterstattung der beiden Vorgängerjahre angeschaut. Als Grundlage für diese Analyse wurde die jeweils umfassendste Art der Berichterstattung aus drei Formen der Offenlegung von nichtfinanziellen Leistungen ausgewählt: Informationen innerhalb von Nachhaltigkeits- oder CR-Berichten (NHB), gesonderte nicht-finanzielle Berichte (nfB) sowie nicht-finanzielle Erklärungen (nfE) als Teil der Geschäftsberichterstattung. Hier ein kleiner Ausschnitt unserer Erkenntnisse – mit Schwerpunkt auf SDGs, Klima-Engagement, Standards und Rahmenwerke.

Berichtsform: Das bevorzugte Format für die Offenlegung war für die DAX-Unternehmen ein umfassenderer Nachhaltigkeits- oder CR-Bericht (NHB), in den die Erfordernisse des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RUG) integriert wurden. Von 2018 auf 2019 zeigte sich eine leichte Verschiebung der präferierten Berichtsform von der nicht-finanziellen Erklärung (nfE) als Teil der Geschäftsberichterstattung hin zu den autarken Berichtsformaten nicht-finanzieller Bericht (nfB) und Nachhaltigkeits- oder CR-Bericht (NHB). Ursache ist vermutlich, dass sich in diese Formate Anforderungen einfacher integrieren lassen, die über das CSR-RUG hinausgehen – etwa die Darlegung der Due Diligence zu Menschenrechten und spezifische Angaben für ein präferiertes ESG-Rating.

Berichtsstandards: Den dominierenden Standard für die nicht-finanzielle Berichterstattung der DAX-Unternehmen liefert die Global Reporting Initiative GRI mit 100 Prozent Anwendung für das Berichtsjahr 2019 (2018: 93 Prozent). Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) spielt in dieser Unternehmensgruppe dagegen nur eine geringe Rolle. Für die Unternehmen nimmt zusätzlich der UN Global Compact (UNGC) eine hohe Bedeutung als international anerkanntes Rahmenwerk ein (2018: 80 Prozent, 24 von 30; 2019: 86 Prozent, 25 von 29). Im Jahr 2018 gab es mit Thyssenkrupp ein Unternehmen, das sich bei seinen nicht-finanziellen Angaben im Lagebericht an UNGC orientierte, ohne GRI zu nutzen. Tendenz: GRI ist als Berichtsstandard marktbeherrschend, der UN Global Compact eine wichtige Ergänzung. Für die nächsten Jahre wird es spannend sein zu beobachten, inwieweit das Sustainability Accounting Standards Board (SASB) für die DAX30-Unternehmen an Relevanz gewinnen wird. Dessen Rahmenwerk stellt finanzielle Materialität in den Mittelpunkt und erfährt vom internationalen Kapitalmarkt eine wachsende Aufmerksamkeit.

Die untersuchten Aussagen beziehen sich auf die prioritären Publikationsformen zu nicht-finanziellen Leistungen der DAX-Unternehmen aus der Berichtssaisons 2019 und 2018. MTU Aero Engines ersetzte 2019 Thyssenkrupp im DAX30, die weiteren Unternehmen blieben konstant. Für 2019 fehlt aufgrund der Insolvenz von Wirecard ein Unternehmen, so dass sich hier eine Grundgesamtheit von 29 berichtenden Unternehmen ergibt.

Sustainable Development Goals: Die SDGs stellen den Kanon an Nachhaltigkeitsthemen dar, der auf globalem Niveau eine besondere Relevanz hat. Diese Ziele werden von der Mehrheit der DAX-Unternehmen (2019: 83 Prozent, 24 von 29; 2018: 73 Prozent, 22 von 30) in verschiedenen Formen als Bezugsrahmen für Nachhaltigkeit aufgeführt. Immerhin gehen zwei Drittel aller DAX-Unternehmen dabei inzwischen über einen eher illustrativen Charakter hinaus und ordnen eigene Maßnahmen einzelnen SDGs zu (2019: 66 Prozent, 19 von 29; 2018: 53 Prozent, 16 von 30). SDG-Tendenz: Ihr Bedeutungsanstieg in der öffentlichen Nachhaltigkeitsdiskussion führt zu einer verstärkt strategischen Ausrichtung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen hinsichtlich der SDGs auf bereits hohem Niveau. Offen bleibt, ob neben den positiven Beiträgen von Unternehmen zu den SDGs künftig auch ihre negativen Auswirkungen und Zielkonflikte stärker in die Berichterstattung eingebunden werden.

Engagement für das Klima: 2018 gaben 43 Prozent der DAX-Unternehmen als Ziel an, CO2- oder klimaneutral werden zu wollen – allerdings mit unterschiedlichen Grenzziehungen. 2019 taten dies bereits 59 Prozent. Zusätzlich kommunizierte mit Henkel ein Unternehmen (3 Prozent) in beiden Berichtsjahren das Ziel, klimapositiv werden zu wollen. Die anderen Unternehmen setzten sich Reduktionsziele (2018: 50 Prozent; 2019: 38 Prozent). Erst 5 der 29 berichtenden DAX-Unternehmen (17 Prozent) gaben 2019 an, sich bei ihren Klimazielen an den Vorgaben der Science Based Target (SBT) Initiative zu orientieren (2018: 2; 7 Prozent). Der Zeithorizont für die Erreichung der spezifischen Klimaziele variiert sehr stark von 2020 bis 2050. Tendenz: Klimaneutralität wird erkennbar wichtiger, bei Ambitionsniveau und Scope gibt es noch große Unterschiede. Die Ausrichtung an den SBT steigt auf noch niedrigem Niveau, könnte aber perspektivisch wichtiger werden und zu besserer Vergleichbarkeit und mehr Glaubwürdigkeit beim Klima-Engagement führen.

TCFD: Die Vorgaben der Taskforce on Climate-related Financial Disclosure sollen genutzt werden, um klimabedingte Finanzrisiken darzulegen. 2018 bezogen sich bereits 40 Prozent der DAX-Unternehmen in irgendeiner Form auf dieses Referenzsystem. 2019 stieg der Anteil der Unternehmen mit Orientierung an TCFD auf 52 Prozent (15 von 29). Mit der Allianz und Munich Re gaben erste DAX-Unternehmen an, eine nach TCFD geforderte Szenarioanalyse oder Simulationsmodelle für Klimarisiken zu berücksichtigen. Tendenz: TCFD wird als Rahmenwerk für Klima wichtiger. Die angekündigte Befassung mit TCFD wird sich in den kommenden Jahren noch stärker auf die Reporting-Inhalte auswirken. Derzeit wird von der Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) ein vergleichbares Referenzsystem aufgebaut, das Finanzrisiken durch den Verlust der Artenvielfalt bewertet. Dieses wird mit zeitlichem Verzug in ähnlicher Weise Einfluss auf die nichtfinanzielle Berichterstattung nehmen.

Das Jahr 2020 stellte auch DAX-Unternehmen vor bis dahin unbekannte Herausforderungen. In Zeiten einer globalen Pandemie stellt sich vor allem die Frage nach der Resilienz von Unternehmen. Nicht-finanzielle Risiken und ihre finanziellen Auswirkungen werden für die Wirtschaft immer konkreter und wichtiger. Wir sind gespannt, wie sich vor diesem Hintergrund die Nachhaltigkeitstendenzen in der nicht-finanziellen Berichterstattung entwickeln werden.

Dieser Beitrag wurde von Dr. Norbert Taubken und Lisa Schwarzmaier verfasst und in der Mai-Ausgabe des neuen Themenheftes des Umweltdialogs mit dem Schwerpunkt Reporting” veröffentlicht. Der Artikel ist außerdem in der Mai-Ausgabe unseres Newsletters „CR: Einblicke & Ausblicke“ in der Rubrik „CR & Good Practices“ erschienen. Hier können Sie alle bisherigen Newsletter-Beiträge nachlesen und sich für die nächsten Ausgaben anmelden.

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