Drei Fragen an Jessica Strobl
Leiterin der Abteilung Nachhaltigkeit & CSR bei der Carl Kühne KG

Wer im Supermarkt nach Essiggurken, Rotkohl oder Grillsaucen sucht, kommt an den Produkten mit dem markanten Ritter-Logo nicht vorbei. Seit über 300 Jahren steht das Familienunternehmen Kühne für sauer eingelegte Klassiker und hat sein Sortiment und seine Absatzmärkte im Laufe der Zeit kontinuierlich erweitert. Wir von Scholz & Friends Reputation unterstützen Kühne seit 2024 bei zentralen Aufgaben rund um die Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD, die Entwicklung der Nachhaltigkeits- und Klimastrategie sowie punktuell in der kommunikativen Begleitung.
In unserer Interviewreihe „Drei Fragen an“ sprechen wir mit Jessica Strobl, Leiterin der Abteilung „Nachhaltigkeit & CSR“ bei Kühne, über die strategische und operative Verankerung von Nachhaltigkeit in einem traditionsreichen Familienunternehmen. Im Gespräch schildert sie, wie Kühne Nachhaltigkeit in einer Organisation mit verschiedenen Standorten und vielschichtigen Geschäftsbereichen durch klare Zuständigkeiten, digitale Tools und strukturierte Prozesse strategisch verankert. Außerdem erläutert Jessica Strobl, wieso das Unternehmen trotz verschobener Berichtspflichten seine Sorgfaltsprozesse konsequent weiter vorantreibt – und warum es Nachhaltigkeit nicht als Sprint, sondern als Marathon versteht.
SFR: Kühne steht als Familienunternehmen in der 10. Generation vor der Aufgabe, Nachhaltigkeit strategisch und operativ in einer komplexen Struktur mit verschiedenen Standorten und verzahnten Geschäftsbereichen zu verankern. Welche Strukturen, digitalen Tools oder Transformationsprozesse haben sich dabei besonders bewährt?
Jessica Strobl: Die Abteilung „Nachhaltigkeit & CSR“ wurde im September 2023 mit mir als alleinige Verantwortliche eingeführt. Zu Beginn waren wir im Bereich Supply Chain Management angesiedelt, doch nach knapp einem Jahr wurde die Abteilung dann direkt unserem CEO Kai Boris Bendix unterstellt. Dieser Schritt war wichtig, um Nachhaltigkeit als strategisches Querschnittsthema zu etablieren und ihm die nötige Aufmerksamkeit zu geben. Denn klar ist: Nachhaltigkeit gelingt nur, wenn sie von allen Mitarbeitenden verstanden und bei jedem Entscheidungsprozess berücksichtigt wird. Seit diesem Jahr arbeite ich mit zwei weiteren Personen im Team: einem Umwelt- und Energiemanager, der die Koordination zwischen den Standorten übernimmt und einer Junior-Projektmanagerin, die unter anderem für die Nachhaltigkeitsplattform EcoVadis zuständig ist.
Die Neuaufstellung im Management und die Transformation der Unternehmensstrukturen hat dem Thema Nachhaltigkeit zusätzlich Rückenwind gegeben. Kühne hat sein Geschäft in drei Business Units aufgeteilt: das deutsche Einzelhandelsgeschäft, das internationale Einzelhandelsgeschäft sowie die Sparte Professional (Foodservice und Industrie). Diese klare Segmentierung ermöglicht es uns, branchenspezifische Anforderungen gezielt zu adressieren, während ein übergreifender strategischer Rahmen sicherstellt, dass die Nachhaltigkeitsziele in allen Geschäftsbereichen kohärent und abgestimmt verfolgt werden.
Ein wichtiges digitales Tool, das uns dabei unterstützt, ist EcoVadis. Die Einführung war zwar arbeitsintensiv, aber die Gap-Analyse, die das System liefert, ist äußerst wertvoll. Sie zeigt uns genau, wo unsere größten Baustellen liegen und wo wir bereits gut aufgestellt sind.
Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Einbindung von Mitarbeitenden aus allen Fachbereichen sowie der Geschäftsführung in den DMA-Prozess (Due Diligence Management Ansatz). Dieser integrative Ansatz hat dafür gesorgt, dass Nachhaltigkeit nicht als Top-down-Thema wahrgenommen wird, sondern als Reise, die wir gemeinsam beschreiten.
SFR: Durch regulatorische Initiativen wie die geplante Omnibus-Verordnung der EU-Kommission erhalten Unternehmen vorübergehend mehr Zeit, sich auf die Umsetzung von Sorgfalts- und Berichtspflichten vorzubereiten (insbesondere bei der CSRD). Warum halten Sie es dennoch für unternehmerisch notwendig, die Weiterentwicklung und Implementierung von Sorgfaltsprozessen bereits jetzt proaktiv voranzutreiben? Welche strategischen oder operativen Vorteile sehen Sie in einem frühzeitigen Handeln?
Jessica Strobl: Den Stift jetzt fallen zu lassen, nur weil sich die Berichtspflicht für uns verschiebt – wir fallen unter die zweite Welle (Anmerkung der Redaktion: also zu den Unternehmen, die nach den aktuellen Vorschlägen der EU-Kommission ab dem Geschäftsjahr 2027 der CSRD-Berichtspflicht unterliegen würden) – ist für uns keine Option. Für uns ist Nachhaltigkeit nicht nur eine Frage von Compliance, sondern auch eine Frage der Überzeugung und der Transparenz. Außerdem gibt es viele Stakeholder, allen voran unsere Kunden im B2C- und B2B-Bereich, die Transparenz und Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement von uns erwarten – oder besser gesagt: fordern. Nachhaltigkeit ist zum Glück schon lange kein Nice-to-have mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit.
Kennzahlen und Fortschritte zu tracken, zu dokumentieren und zu kommunizieren hilft uns zusätzlich dabei, unser Engagement für interne und externe Stakeholder transparent zu gestalten. Wir sehen die Verzögerung der CSRD daher auch als Chance, uns mit dem Prozess vertraut zu machen, Lücken zu identifizieren und daraus zu lernen.
SFR: Sie beschreiben Nachhaltigkeit bei Kühne als „Marathon, nicht Sprint“. Wie gelingt es Ihnen, diesen langfristigen Transformationsansatz dauerhaft im Unternehmen zu verankern – sowohl auf Mitarbeitenden- als auch auf Führungsebene? Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um interne und externe Stakeholder nachhaltig zu aktivieren und auf dem Weg mitzunehmen?
Jessica Strobl: Es braucht auf jeden Fall viel Energie und Kraft, denn es ist tatsächlich eine lange Strecke. Besonders da sich Gesetze und Anforderungen ständig weiterentwickeln. Wichtig ist aus unserer Sicht auch die Motivation und Begeisterung im Team. Diese Transformation gelingt nur, wenn alle Abteilungen mitziehen. Nachhaltigkeit kann nicht isoliert verankert werden. Es braucht Teamarbeit und gemeinsame Verantwortung. Deshalb würdigen wir auch bewusst Zwischenerfolge – egal wie klein sie sind. Diese sichtbar zu machen und zu kommunizieren hilft, die Motivation im Unternehmen hochzuhalten.
Kommunikation ist für mich der größte Hebel – vielleicht sogar der entscheidende Erfolgsfaktor. Ob wir es schaffen, hängt stark davon ab, wie klar und kontinuierlich wir Nachhaltigkeit intern wie extern vermitteln. Aktuell finalisieren wir unseren Nachhaltigkeits-Governance-Ansatz, um klare Strukturen und Verantwortlichkeiten im gesamten Unternehmen, inklusive der Tochtergesellschaften, zu etablieren. Und nicht zuletzt: Die Nähe und die direkte Berichtslinie zur Geschäftsführung – insbesondere zum CEO – spielen eine zentrale Rolle.
Natürlich ist noch nicht alles perfekt. Das wäre bei einem so komplexen und dynamischen Thema wie Nachhaltigkeit auch nicht realistisch. Entscheidend ist für uns, dass wir klare Strukturen geschaffen haben, die uns und unseren Stakeholdern im Transformationsprozess Orientierung geben. Ebenso wichtig ist es, offen für kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung zu bleiben.
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