Nachhaltigkeit & Good Practices:
Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie

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Als zirkuläres Modell, das sowohl Produktion als auch Konsum umfasst, ist die Kreislaufwirtschaft das derzeit wohl meistbeachtete Konzept für nachhaltigeres Wirtschaften. Die Einführung kreislauffähiger Prozesse wird als elementarer Hebel angesehen, um den Ressourcenverbrauch und die damit verbundenen negativen Umweltfolgen zu reduzieren sowie die Lebensdauer bestehender Produkte zu verlängern. Auch in der Europäischen Union kommt der Kreislaufwirtschaft auf dem Weg zu einer Klimaneutralität der EU bis 2050, wie sie der Green Deal vorsieht, eine zentrale Rolle zu. Dies betrifft alle Branchen und Sektoren. So auch die Textilindustrie – eine Branche, die als eine der umweltschädlichsten überhaupt gilt. Ihr Beispiel zeigt auf, wie gezielte Maßnahmen innerhalb eines Sektors aussehen können.

Nach Angaben der EU-Kommission hat sich die weltweite Textilproduktion zwischen 2000 und 2015 fast verdoppelt. Tendenz: weiter steigend. Und mit ihr der Textilmüll. Im Schnitt landet jede Sekunde eine Lkw-Ladung Textilien auf der Deponie oder in einer Verbrennungsanlage. In der EU sind das rund 5,8 Millionen Tonnen Textilien, die jährlich entsorgt werden – 11,3 Kilogramm pro Person. Demgegenüber wird nur etwas mehr als 1 % des für die Herstellung von Kleidung verwendeten Materials zu neuer Kleidung recycelt. Darüber hinaus werden die negativen Umweltauswirkungen des Sektors durch die Freisetzung von Mikroplastik aus synthetischen Textilien und Schuhen während ihres gesamten Lebenszyklus noch verstärkt. Weitere Informationen und Zahlen der EU-Kommission finden Sie in dem Factsheet on Textiles.

Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission im März 2022 die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien als Teil des EU-Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft und des European Green Deal vorgelegt. Während es sich bei dem Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft um ein sektor- und branchenübergreifendes Maßnahmenpaket handelt, formuliert die Kommission mit der EU-Textilstrategie einen (derzeit nicht verbindlichen) Rahmen und eine Vision für eine Transformation der Textilindustrie hin zu mehr Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit. Dabei nimmt die EU-Kommission die Hersteller stärker in die Verantwortung für ihre Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Hierzu skizziert sie auch Maßnahmen für den gesamten Lebenszyklus von Textilien. Bis 2030 sollen beispielsweise Textilprodukte auf dem EU-Markt so gestaltet sein, dass sie unter anderem langlebig, reparaturfähig, recycelbar und frei von gefährlichen Stoffen sind.

Gegenwärtig arbeitet die EU noch an verbindlichen Regelungen und Gesetzen, fest steht jedoch: Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft wird die Zukunft vieler europäischer Unternehmen prägen. Die Verlängerung des Lebenszyklus sowie der Ausbau von Recycling sind dabei wichtige Aspekte.

Der Textilsektor steht daher, wie andere Industrien auch, vor der Aufgabe, verstärkt nachhaltige technologische Lösungen und innovative, kreislauforientierte Geschäftsmodelle zu finden. Ein wichtiger Baustein wird dabei die Schaffung geeigneter und skalierbarer Recyclinglösungen sein. Während der öffentliche Diskurs in diesem Zusammenhang den Fokus auf B2C-Textilien legt, ist auch der Großhandel mit großen Mengen an Alttextilien konfrontiert. Ein Zusammenschluss verschiedener Unternehmen hat nun eine Lösung für ausgediente B2B-Textilien entwickelt und umgesetzt.

Zirkularität durch Zusammenarbeit: CIBUTEX

Unter dem Credo „Circularity through Cooperation“ arbeitet die Textilrecycling-Genossenschaft CIBUTEX (kurz für „Circular Business Textiles“) daran, die Wiederverwendung von B2B-Alttextilien und deren Rückführung in die textile Wertschöpfungskette voranzutreiben. Dazu stehen das Recycling und die Faserrückgewinnung bei B2B-Alttextilien im Mittelpunkt.

Die im Februar 2022 von Blycolin Textile Services, Dibella, Edelweiss Groep, Lamme Textile Management und Nedlin gegründete Initiative bringt fünf europäische Akteure aus dem Textilservice-Sektor zusammen, um gemeinsam eine nachhaltigere Lösung für den Umgang mit Textilabfällen zu schaffen. Denn alle beteiligten Textilservice-Unternehmen stehen vor dem gleichen Problem: große Mengen an Textilien, die insbesondere in Hotellerie, Großunternehmen und Gesundheitssektor ge- und verbraucht werden. Pflege, Reparatur und Wiederverwendung verlängern ihre Nutzungsdauer im professionellen Einsatz. Ist das Ende des Lebenszyklus jedoch erreicht, werden die gebrauchten B2B-Textilien der Mitglieder nun von CIBUTEX gesammelt und an verschiedene Re- und Upcycler verkauft. Dort werden die Alltextilien mit unterschiedlichen Technologien im industriellen Maßstab recycelt und anschließend an Faserhersteller weiterverkauft. Das Re- bzw. Upcycling ist derzeit bereits für weiße Textilien aus 100 % Baumwolle oder aus Mischgewebe mit bis zu 50 % Polyester möglich.

Ralf Hellmann, Mitgründer von CIBUTEX und Geschäftsführer von Dibella, erklärt: „Unser Ziel ist es, aus den Alttextilien neue Fasern zu gewinnen. Mit weißen Textilien gelingt uns das bereits. In einem chemischen Prozess wird aus der alten Baumwolle ein Zellulosebrei gewonnen, der mit frischen Fasern gemischt zu einer neuen Faser wird.“ Bei diesem Verfahren werde die gesamte Altbaumwolle zu 100 % wiederverwendet, wodurch praktisch keine Verluste entstehen. Die technischen Eigenschaften der neuen Fasern seien dabei identisch mit Frischfasern.

Von Juni bis Dezember 2022 konnten nach Angaben von CIBUTEX bereits rund 150.000 Kilogramm recycelt werden, berichtet Hellmann. Durch das Recycling von B2B-Alttextilien und die Rückführung in die textile Wertschöpfungskette sollen der Rohstoffverbrauch und der ökologische Fußabdruck reduziert sowie der Lebenszyklus bereits im Kreislauf befindlicher Rohstoffe verlängert werden.

Langfristig sollen alle Textilien aus der europäischen B2B-Textilindustrie in der EU zu neuen Fasern verarbeitet werden, wenn es nach CIBUTEX geht. Damit würden nicht nur beträchtliche Mengen an Textilabfällen in neue Produkte umgewandelt, sondern auch erheblich CO2, Wasser und Rohstoffe eingespart und der Kreislauf geschlossen.

Mit MEWA und SITEX konnten bereits im ersten Jahr zwei Schwergewichte der europäischen Textilservice-Industrie als neue Mitglieder gewonnen werden. Mit weiteren wichtigen Unternehmen ist CIBUTEX derzeit im Gespräch.

Möchten Sie für Ihr Unternehmen mehr über Möglichkeiten und Lösungen für Kreislaufwirtschaft erfahren? Wir beraten Sie gerne. Wenden Sie sich per E-Mail an uns an reputation@s-f.com – wir freuen uns auf den persönlichen Austausch.

+49 (0) 30 700 186 830

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