Unsicherheiten mit der CSRD: Welche Bedeutung haben das fehlende deutsche Umsetzungsgesetz und die Omnibus-Initiative des Europäischen Rates für Unternehmen?

Eine Einschätzung von Julius Lax, Senior Sustainability Consultant, Scholz & Friends Reputation

Nicht-Umsetzung der CSRD

Nach den Vorgaben der Europäischen Union hätte die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bis zum 06. Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die deutsche Bundesregierung hat diese Frist jedoch verstreichen lassen und auch bis zur letzten Sitzungswoche des aktuellen Deutschen Bundestages im Dezember 2024 keine Einigung über die Verabschiedung des CSRD-Umsetzungsgesetzes (UG) erzielt. Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen am 23. Februar 2025 ist ein konkreter Zeitpunkt für die Umsetzungsgesetzgebung derzeit auch nicht absehbar. Aus den Reihen der CDU/CSU hieß es zuletzt, dass die Richtlinie auf europäischer Ebene grundsätzlich nachverhandelt werden müsse, um aus ihrer Sicht unverhältnismäßige Belastungen für Unternehmen zu reduzieren.

Für die Unternehmen, die nach der EU-Richtlinie bereits jetzt unter die Offenlegungspflicht fallen, sorgt das fehlende deutsche CSRD-Umsetzungsgesetz für erhebliche Unsicherheiten. Sie stehen vor der Frage, welche Auswirkungen die Verzögerung auf ihre Berichtspflichten hat. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über den Status quo und beantworten einige der häufigsten Fragen.

Omnibus-Initiative des Europäischen Rates

Am 08. November 2024 präsentierte der Europäische Rat die Budapester Erklärung zum „Neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit“. Darin wird unter Punkt 4 eine deutliche Vereinfachung der gegenwärtigen Berichtspflichten gefordert. Die Europäische Kommission solle noch im ersten Halbjahr 2025 konkrete Vorschläge vorlegen, wie die Berichtspflichten um mindestens 25 Prozent verringert werden können.

EU-Kommission kündigt bürokratische Entlastungen an

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, dass die Inhalte der bestehenden Verordnungen im Kern erhalten bleiben werden. Es sollen jedoch deutliche bürokratische Entlastungen erreicht werden, insbesondere durch die Überarbeitung redundanter und sich überschneidender Vorschriften. Dies betrifft vor allem:

  • die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die bis zum 06. Juli 2024 in deutsches Recht umgesetzt werden sollte
  • die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), deren Umsetzung in deutsches Recht bis zum 25. Juli 2026 erfolgen muss
  • die EU-Taxonomie-Verordnung, welche seit dem Jahr 2022 von den betroffenen Unternehmen anzuwenden ist

Aus dieser Situation ergeben sich für Unternehmen einige Fragen, die wir im folgenden FAQ für Sie einordnen:

  • Gilt die CSRD für mein Unternehmen, obwohl sie noch nicht in deutsches Recht umgesetzt wurde?

Nein, EU-Richtlinien gelten nicht unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten, sondern müssen zunächst in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden.

  • Welche Folgen ergeben sich aus der Verzögerung des CSRD-Umsetzungsgesetzes?

Durch die Nicht-Umsetzung der CSRD bleibt für alle bereits 2024 betroffenen Unternehmen die bisher vorliegende Rechtslage maßgeblich. Für die meisten Unternehmen ist dies eine Berichtspflicht nach dem bisherigen CSR-RUG.

  • Ist unser Unternehmen 2024 berichtspflichtig?

Zur Veröffentlichung einer nichtfinanziellen Erklärung für das Geschäftsjahr 2024 sind wie bisher nur große haftungsbeschränkte kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Mitarbeitenden verpflichtet (§§ 289b bis 289e HGB bzw. §§ 315b, 315c HGB sowie § 340a Abs. 1a HGB bzw. § 340i Abs. 5 HGB und § 341a Abs. 1a HGB bzw. § 341j Abs. 4 HGB).

  • Müssen die Berichte nach CSR-RUG einer unabhängigen Wirtschaftsprüfung unterzogen werden?

Die nichtfinanzielle Erklärung von berichtspflichtigen Unternehmen wird von Abschlussprüfer:innen gemäß § 317 Abs. 2 S. 4 HGB zwar formal auf ihre Existenz, nicht aber auf ihren Inhalt hin geprüft. Der Aufsichtsrat ist jedoch verpflichtet, die Berichterstattung materiell zu prüfen und kann dafür freiwillig eine externe inhaltliche Prüfung veranlassen.

  • Erfolgt die Umsetzungsgesetzgebung zur CSRD im Jahr 2025?

Die EU hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet und aufgrund des Verzugs kann ein Strafgeld verhängt werden. Allerdings ist die aktuelle politische Lage sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene dynamisch und unübersichtlich. Eine seriöse Prognose für den Zeitpunkt der Verabschiedung des Umsetzungsgesetzes ist derzeit nicht möglich. Es bleibt unklar, wie stark der Druck aus Brüssel sein und wie die neue Regierung mit der CSRD umgehen wird.

  • Ist es möglich, dass die CSRD-Berichtspflicht rückwirkend für unser Unternehmen gelten wird, wenn die deutsche Umsetzungsgesetzgebung erst im Laufe des Jahres 2025 verabschiedet wird?

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer echten und einer unechten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung der Berichtspflicht nach CSRD für das Geschäftsjahr 2024 schließt das Grundgesetz aus. Bei einer Verabschiedung des Gesetzes im Laufe des Jahres 2025 können die Unternehmen allerdings im Sinne einer unechten Rückwirkung zu einer Berichtspflicht über das Jahr 2025 verpflichtet werden.

Unsere Empfehlung an die Unternehmen, die der CSRD unterliegen

Für Unternehmen, die bisher nach dem CSR-RUG berichtspflichtig waren:

  • Compliance sollte an erster Stelle stehen. Sie sind verpflichtet, eine nichtfinanzielle Erklärung nach dem CSR-RUG zu veröffentlichen.
  • Wir empfehlen, sich bei Aufbau, Struktur und Inhalt an den Vorgaben der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu orientieren.
  • Durch dieses Vorgehen sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite, gleichzeitig kann der Bericht im Falle einer unecht rückwirkenden Umsetzung ohne großen Aufwand angepasst werden kann.

Für Unternehmen, die nach dem CSR-RUG nicht berichtspflichtig waren und laut EU ab 2025 unter die CSRD fallen:

  • Sie sind nach derzeitiger Rechtslage nicht verpflichtet, für das Geschäftsjahr 2025 eine Nachhaltigkeitserklärung zu veröffentlichen.
  • Im Falle einer unecht rückwirkenden Umsetzung der CSRD im Laufe des Jahres 2025 könnten Sie je nach regulatorischen Vorgaben zur Veröffentlichung eines CSRD/ESRS-konformen Sustainability Statements über das Geschäftsjahr 2025 verpflichtet werden.
  • Wir empfehlen daher, die Erstellung eines Sustainability Statements nach den Vorgaben der ESRS vorzubereiten.
  • Handlungsspielraum besteht bei der Wahl des Prüfungsumfangs. Gerne besprechen wir mit Ihnen ein pragmatisches Vorgehen.

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